Alles war vorbereitet und es war wieder bestes Wetter vorhergesagt. Das Rennen konnte kommen. Auch die Presse hatte im Vorfeld über das SKR in Ahrdorf berichtet. Ein wenig reißerisch schreiben die Redakteure des Werbekuriers Euskirchen:
Tollkühne Piloten in "fliegenden" Kisten
10. Auflage des legendären Seifenkistenrennens in Ahrdorf.
Als Rennstrecke hat der Ort Ahrdorf eigentlich eine lange Tradition. Dort stürzen sich verwegene Piloten in ihren selbstgebauten Seifenkisten halsbrecherisch die Rennpiste hinunter.
Ihre Schleidener Kollegen sind da schon etwas moderater:
Auf die Plätze, fertig und Seifenkisten los!
Zum 10. Mal steigt am Samstag, 31. Mai und Sonntag, 1. Juni, in Ahrdorf ein Seifenkistenrennen. Das Rennen kann auf eine lange Tradition zurückblicken, wurde allerdings erst im vergangenen Jahr nach 20 Jahren Pause von sieben Männern wieder aus dem Dornröschenschlaf geweckt.
Nicht ganz ernst gemeinte Anmerkung von Ahrdorf.de: auch wenn das ein wenig an Schneewittchen und die sieben Zwerge erinnert: die sieben Zwerge waren es garantiert nicht. Immerhin ist schon alleine Markus Fahs knapp zwei Meter groß ;-)
"Hallo Ahrdorf"
wird geboren
Das "Hallo Ahrdorf!", das der langjährige Streckensprecher und Rennleiter Helmut Kracht den Besuchern am Morgen vor den Rennen über Lautsprecher entgegenrief, ist schon sprichwörtlich. Zur Entstehungsgeschichte dieser Begrüßung schreibt Helmut in seiner gleichnamigen Chronik:
Beim Aufbau der Rennleitung mit Installation der Lautsprecheranlage wurden natürlich Klang und Lautstärke der Anlage eingestellt. Bei mehreren Tests fiel dann der Satz "Hallo Ahrdorf".
Seitdem wurde samstags und sonntags das Rennen jeweils mit "Hallo Ahrdorf" eröffnet. Alle an der Rennstrecke antworteten: "Hallo Helmut".... Sonntagmorgen wurde auch schon mal mit "Guten Morgen Ahrdorf" und am Sonntagmittag mit "Mahlzeit Ahrdorf" begrüßt.
Eine weitere Änderung wurde verkündet. In der Mittagspause am Sonntag wurden alle Seifenkisten an das Schleppseil hinter dem Traktor gehängt und in die Hubertushof-Kurve gezogen. Dort konnten sich dann die interessierten Zuschauer die Fahrzeuge einmal im Detail anschauen und die ein oder andere Frage an die Fahrer richten.
Anders als bei den professionellen Seifenkistenrennen, bei denen auch Deutsche Meisterschaften ausgerichtet werden, hat man in Ahrdorf innerhalb des Reglements viel Gestaltungsspielraum, sodass jede Kiste irgendwie anders ist. Es ist immer wieder interessant zu sehen, was sich die Seifenkisten-Konstrukteure alles einfallen lassen, um ihr Fahrzeug zu verbessern. Manche, die nicht den Ehrgeiz haben, ganz nach vorne zu kommen, machen sich trotzdem die Mühe und legen vielleicht mehr Wert auf die Optik als auf die Funktionalität. Für die Zuschauer ist die Seifenkisten-Schau am Sonntagmittag jedenfalls immer eine gern gesehene Unterhaltung. Im Laufe der Jahre wurde diese Unterhaltung noch weiter ausgebaut. Doch dazu könnt ihr in den Berichten über die späteren Rennen mehr lesen.
Die Zahl der gemeldeten Teilnehmer für das Samstagsrennen (Kinderrennen) war relativ überschaubar und so verzichtete man auch diesmal auf die Klasse 1. Die Klasseneinteilung lautete wie folgt:
Die Kölnische Rundschau
Auf zwei Reifen durch die Kurven
Ahrdorfer Seifenkistenrennen boten echte Grand-Prix-Atmosphäre
Ahrdorf. Trotz 24-Stunden-Rennens am Nürburgring und Formel-1 Grand-Prix in Monaco - in Ahrdorf standen am Wochenende nur PS-lose Boliden im Mittelpunkt, mit denen am Sonntag gut 30 Fahrer um die Wette die gut 650 Meter lange Gefällstrecke hinunter bretterten.
Das Rasante Spektakel begann bereits am Samstagnachmittag mit den Läufen der Jugendlichen. In der Altersklasse von 11 bis 15 Jahren siegte Tim Schlecht vor Florian Leyendecker und Nico Schnurrbusch, die mit handelsüblichen Kettcars ohne Kette starteten.
In der Rennklasse von 16 bis 18 Jahren hatte Kevin Schmitz die Nase vorn, gefolgt von Ruben Klar. Bei den Läufen mit selbst gebauten Seifenkisten gewann Tobias Leyendecker vor Michael Keul und Philipp Schlecht.
Anschließend stand das freie Training der Seifenkistenpiloten auf dem Programm, die sich für das Rennen schon mal mit den Tücken der Strecke vertraut machen konnten. Vor allem die rechtwinklige Kurve am Hubertushof forderte den Fahrern alles ab, denn ein "Ausritt" in die eigens installierte Leitplanke hätte fatale Folgen für die Zeit mit sich gebracht.
Zu vermeiden galt es zudem die mit zwei Strafsekunden dotierten Fehlerpunkte, die beim "Abräumen" von Pylonen in den beiden Schikanen vergeben wurden. Damit die Fahrer auch Unfälle unbeschadet überstehen konnten, hatte die Rennleitung die ganze Strecke mit ausrangierten Autoreifen und in Müllsäcke gekleidete Polster präpariiert. Die Piloten sicherten sich selbst mit Motorradkombis und Integralhelmen.
Mit 50 bis 70 Stundenkilometern sausten die Seifenkisten die Piste mit ihrer elfprozentigen Steigung im Kampf gegen die unerbittliche Stoppuhr hinab. Wie schon vor mehr als 20 Jahren, als in Ahrdorf die ersten Rennen gefahren wurden, gab es auch am Wochenende wieder die vielfältigsten Gefährte zu bewundern. Ob mit großen Windabweisern und Spoilern versehen, mit vier Rädern an der Hinterachse bestückt oder gar mit den Pneus eines ausrangierten Ford Fiesta unter dem Hintern - die Piloten ließen es in den drei Durchgängen richtig krachen und durchfuhren manche Kurve auf gerade mal zwei Rädern.
Drei Durchgänge galt es zu bewältigen, von denen die beiden besten in die Wertung eingingen. Mit Hilfe eines Traktors wurden die Gefährte nach den jeweiligen Läufen bequem zurück zum Ausgangspunkt des Rennens, dem Startplatz nahe des Feriendorfs, gezogen.
Der Kölner Stadt-Anzeiger
Mit 62 Jahren ging Senior Rudi Hockertz an den Start. Mit „Rudi, Rudi“-Rufen feuerten ihn die Schlachtenbummler an.
Blankenheim-Ahrdorf - „Machen Sie die Rennstrecke frei, gehen Sie hinter die Leitplanken“, tönte es am Wochenende in Ahrdorf immer wieder mahnend aus den Lautsprechern. Denn mitten in dem kleinen, beschaulichen Ort war ausnahmsweise einmal Raserei angesagt. Und dies sozusagen systematisch: Insgesamt 14 Kettcars sowie über zwei Dutzend Seifenkisten versuchten immer wieder, neue Bestzeiten aufzustellen.
„Die fahren alle auf der letzten Rille“, urteilte Organisator Markus Fahs über seine Konkurrenten. Denn die gefahrenen Zeiten waren allesamt schneller als noch bei der Wiederbelebung des traditionellen Renn-Spektakels im letzten Jahr. „Bei der letzten Austragung erreichten lediglich zwei Rennfahrer eine 57er Zeit, dieses Jahr sind es schon eine ganze Reihe“, berichtete einer der einheimischen Renn-Cracks. Die besagten 57 Sekunden benötigten die schnellsten Steuerkünstler für die anspruchsvolle Strecke, die 650 Meter lang war.
Der Start lag am Feriendorf in Ahrdorf, dann ging es durch zwei Schikanen und durch die enge Kurve an der Rennleitung vorbei bis ins Ziel. Der Höhenunterschied betrug rund 70 Meter. An der schnellsten Stelle zwischen der Schikane „Feriendorf“ und der Schikane „Schlecht“ wurde eine Spitzengeschwindigkeit von 70 Stundenkilometern erreicht.
Für die jugendlichen Kettcarfahrer war die Rennpiste auf 250 Meter verkürzt worden. Der Gesamtsieger Tobias Leyendecker aus Ahrdorf gewann nach drei Läufen, von denen die beiden schnellsten gewertet wurden, mit einer Gesamtzeit von 71,08 Sekunden. Im schnellsten Lauf hatte er eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 25,34 Stundenkilometern erreicht. Michael Keul und Philipp Schlecht, beide ebenfalls aus Ahrdorf, belegten die Plätze zwei und drei.
Wesentlich flotter ging es dann bei den erwachsenen Profis zu. Seit dem letzten Rennen hatten die Fahrer so manche Stunde in ihren Werkstätten zugebracht, um ihre rollenden Kisten durch Umbauten schneller zu machen.
Besonders fiel die Seifenkiste von Markus Fahs auf. Denn er steuerte sein Gefährt nicht mit einem Lenkrad, sondern mit einem Fahrradlenker. „So ist mein Vater schon bei früheren Rennen gefahren“, berichtete er. Mit dem Fahrradlenker lasse sich die Seifenkiste besser durch die Schikanen lotsen, erläuterte er. In den Kurven sei der Lenker allerdings von Nachteil, dort sei ein Lenkrad besser.
Den Zuschauern, die sich in der engen Kurve am Richtertisch drängten, war es ziemlich egal, mit welcher Technik die Piloten um die Kurve zischten. Jedes Mal, wenn eine Seifenkiste mit Gequietsche vorbeischoss, ging ein Raunen durch die Menge.
Nur bei einem Piloten gab es zunächst allerlei spöttische Bemerkungen. Denn Rennleiter Helmut Kracht kündigte den 62-jährigen Rudi Hockertz aus Antweiler (Kreis Ahrweiler) als Senior des Wettbewerbs an. „Der sammelt bestimmt unterwegs die Pylonen ein“, meinte ein Zuschauer spöttisch, als der rasende Senior auch etlichen Sekunden nach dem Start noch nicht zu sehen war.
Doch als er dann um die Ecke flitzte, tönten „Rudi, Rudi“-Rufe aus derselben Ecke, in der kurz zuvor noch über ihn gewitzelt worden war.