Fotoausschnitt: (c) Manfred Jehnen
Im Jahre 1970 feierte der kleine Eifelort Ahrdorf sein tausendjähriges Bestehen. Kurz zuvor hatte man aufgrund der Gemeindereform seine Selbständigkeit aufgegeben und war nun Teil der Großgemeinde Blankenheim. In den Sommermonaten kamen viele auswärtige Gäste in die Region und genossen die herrliche Natur an der oberen Ahr. Zur Förderung des Tourismus wurde im Rahmen der Tausendjahrfeier der Grundstein für ein Feriendorf gelegt, das oberhalb des Ortes in einem Waldstück namens "Auf Busch" entstehen sollte. Dort sollten viele Auswärtige später Ferienhäuser erwerben, um dauerhaft ihre Urlaube in Ahrdorf zu verbringen.
Bei den Einheimischen hingegen war es damals noch nicht üblich, in den Urlaub zu fahren. Viele hatten Landwirtschaft und - so war es bei meinen Eltern - man wollte das Vieh auf keinen Fall durch jemand Anderen versorgen lassen. Und so verbrachten auch die meisten Kinder und Jugendlichen ihre Ferien zu Hause.
Eines Tages begannen die Jugendlichen, Seifenkisten zu bauen schon bald fuhren die ersten abenteuerlichen Vehikel mit Kinderwagenrädern und einer Lenkung aus Kordeln den Berg hinunter, der nach einem alten Flurnamen benannt ist und "Hepper" heißt. Das war natürlich nicht ganz ungefährlich aber so war es eben.
Im Juni 1975 kam dann die Idee auf, ein richtiges Seifenkistenrennen zu veranstalten. Man fuhr zur Gemeinde nach Blankenheim, um die Formalitäten zu erfahren und Unterstützung anzufordern. Offenbar rannte man offene Türen ein. Werner Laska, damals Leiter des Kur- und Verkehrsvereins in Blankenheim, unterstützte die Idee. Das Seifenkistenrennen wurde als Höhepunkt der Feierlichkeiten zur Einweihung des ersten Abschnitts des Ahrdorfer Feriendorfes auf den 4./5.10. festgelegt. Samstags wurde ein Spielplatz eingeweiht, es gab ein Kinderfest, Blasmusik, ein Fußballspiel und natürlich das Seifenkistenrennen.
Die Regeln, die man für die Ausrichtung eines Seifenkistenrennens benötigte, bekam man von ADAC. Natürlich wurden die Regeln ein wenig angepasst, denn die ADAC-Vorgaben galten für die Durchführung von Meisterschaften und so weit wollte man nun in Ahrdorf nicht gehen.
Eigentlich war es gar nicht geplant, das Seifenkistenrennen in Serie zu fahren, doch das erste Rennen hatte so gut geklappt und so viel Spaß gemacht, dass man entschied, auch im nächsten Jahr ein Rennen durchzuführen. Die Rahmenbedingungen wurden immer weiter verbessert, die Sicherheitsvorschriften verschärft und das Seifenkistenrennen entwickelte sich zu einem Publikumsmagnet an der oberen Ahr. Sonntags wurde sogar Eintritt verlangt - heute undenkbar.
Wie bei so manch anderer Veranstaltung, ließ das Interesse nach einigen Jahren immer mehr nach. Es meldeten sich weniger Rennfahrer, die Helfer (das sind natürlich immer Dieselben) hatten auch immer weniger Lust und das Zuschauerinteresse ließ nach. Irgendwie war die Luft raus. Am 19. und 20. Mai 1982 fand das vorläufig letzte Rennen statt, im Herbst 1982 entschied man, kein weiteres Rennen mehr durchzuführen.
In der Folge gab es immer mal wieder Versuche, das Seifenkistenrennen wieder anzuschieben. Besonders in fröhlicher Runde nach einigen Bieren kamen Gespräche auf, bei denen es häufig hieß: "Man müsste nochmal ein Seifenkistenrennen machen. Das war doch eine tolle Sache". Einen ernsthaften Versuch gab es nach 10 Jahren im Rahmen eines Ehemaligen-Treffens am 21. November 1992. Pokale und Urkunden wurden mitgebracht und man schwelgte in den guten alten Zeiten. Auch ein Super-8-Film aus den Jahren 1975 bis 1982 wurde gezeigt. In einer aus heutiger Sicht grottenschlechten Bildqualität sah man so manche heiße Seifenkistenfahrt aus alten Zeiten. Es war ein herrlicher Abend, der zu vielen guten Vorsätzen führte. Allerdings fand sich niemand, der die Sache in die Hand nahm und so sollte es weitere fast 10 Jahre dauern, bis es weiterging.
Im Januar 2002 fand das erste ernsthafte Treffen statt, ein Orga-Team wurde gegründet und schon bald war die Entscheidung gefallen: am 1. und 2. Juni 2002, rund 20 Jahre nach dem letzten Rennen, sollte es zu einer Neuauflage des Ahrdorfer Seifenkistenrennens kommen.
Seitdem rasen wieder jedes Jahr zahlreiche Rennfahrer über die Ahrdorfer Pisten. Sie haben viel Spaß dabei und auch das rennbegeisterte Publikum freut sich über dieses Event. Durch die Corona-Pandemie für zwei Jahre unterbrochen, ging es ab 2022 weiter.
Ich wünsche mir, dass es auch weiterhin Menschen gibt, die sich für das Ahrdorfer Seifenkistenrennen engagieren.
Einige der Informationen in diesem Bericht habe ich der wunderbaren Dokumentation "Hallo Ahrdorf" entnommen, die der langjährige Mitorganisator und Streckensprecher Helmut Kracht im Jahre 2011 veröffentlicht hat. Mit einem lauten "Hallo Ahrdorf" hat Helmut als Streckensprecher über viele Jahre die Zuschauer und Fahrer des Seifenkistenrennens begrüßt.
Helmut hat viele Details akribisch aufgeschrieben und so für die Nachwelt dokumentiert. Wenn wir in der Hall of Fame über Legenden sprechen, sind damit die Fahrer gemeint. Es gibt aber auch Legenden abseits der Rennstrecke und dazu gehört auch Helmut Kracht. Er war über viele Jahre Rennleiter und immer mit Herzblut bei der Sache!
Bevor ihr euch die Berichte zu den einzelnen Rennen anschaut, müsst ihr wissen, dass die Zeiten der einzelnen Jahre nicht immer miteinander zu vergleichen sind. In den ersten Jahren wurde die Zeit von Hand gestoppt, später mit Lichtschranke, mittlerweile auf die Hundertstelsekunde genau. Die Rennstrecke wurde teilweise verändert, Startpunkte vor- oder zurückverlegt und auch die Startrampe ist mehrfach angepasst worden.